Zu ME Artikel „Mariä oder Gertrud? Konrad, Josef und Pius?“ und „Bleibt die Kirche im
Dorf?“ Vom 28./29. Mai 2023
Kriterien für Kategorisierung von Kirchen und Gebäude mit Zukunft im Pastoralen
Raum Aschaffenburg
Klar, eine Organisation wie die Kath. Kirche, die schrumpft, muss sich dem Wandel mit Strukturen und Gebäuden anpassen. Das Anliegen des Generalvikars Dr. Vorndran die „Kirche im Umbruch“ bei einem Rückgang der Mitglieder in der Diözese Würzburg von 2003 bis 2021 um ca. 21% mit Baulichkeiten dem anzupassen, ist nötig. Die Kath. Kirche in Deutschland befindet sich in mancherlei Hinsicht im Sinkflug. Das lässt sich an gesellschaftlichen Anzeichen, wie kirchlichen Zahlen ablesen. Die Krise sollte aber nicht verdecken die Kath. Kirche ist eine Organisation, die auf vielen gesellschaftlichen Ebenen mit ehren- und hauptamtlichen Kräften nach wie vor Wertvolles leistet. Christlich geprägte Sozialräume und Engagement ermöglichen caritative Arbeit über die Lebensspanne, Beratung, Telefonseelsorge, konfessionelle Schulen und Jugendarbeit, Erwachsenenbildung, kurz wertvolle Angebote für Hilfe und persönliche Entwicklung. So betrachtet ist der Jugendraum und das Gemeindezentrum genauso wichtig wie das Kirchengebäude.
Die Kategorisierung der Gebäude in der Diözese Würzburg hat viele Kirchen und Gemeindezentren, in die seitens der Diözese nicht mehr investiert werden soll, in die Kategorie E (Umnutzung oder Verkauf) gestellt. Sollten Kriterien wie Baulast und historische Bedeutung eine Rolle spielen? Ja natürlich, aber nicht nur. Müssten in die Entscheidungen sogen. weiche Faktoren, wie Gemeindeleben, Vielfalt und Zukunftschancen vor Ort als Kriterien einbezogen werden? Ja, unbedingt. Und im Gesamtblick fällt noch etwas auf: Ist es ein Zeichen - wohl nicht des hl. Geistes - dass im Pastoralen Raum AB nach der Einstufung u.a. alle Kirchen, die seit den 1960-er Jahren
gebaut wurden, dem Rotstift der Bistumsleitung zum Opfer fallen sollen? Schätzt man nur historische Kirchen als erhaltenswert ein, die mehr als hundert Jahre alt sind? Moderne Bauten, etwa St. Pius (1967) oder St. Gertrud (1959/60) sind alle in der Kategorie E (Umnutzung oder Verkauf) gelandet. Diese Kirchen stehen mit ihrem Baustil für die Phase kirchlicher Öffnung zur Welt und zum Alltag der Menschen. 1962 wurde das 2. Vatikanische Konzil von Papst Johannes XXIII mit dem Ziel eröffnet, ein Fenster der Kirche symbolisch zu öffnen, um frischen Wind in das alte Gemäuer zu lassen. Ist diese Vor -Auswahl der Kategorisierung eines Gremiums in Würzburg mehr vom finanziellen Motiv oder gar dem Interesse aktueller Priester-Gemeinden geleitet? Vielfältige Orte und Sozialräume (Gemeindeleben) mit unterschiedlichen Milieus die eine plurale Gesellschaft wie Fenster spiegeln, sind für eine Kirche mit Zukunft unverzichtbar. Hier bleiben Fragen zu Kriterien und der Vor-Auswahl offen. Auch wenn Pfarrer Stolzenberger wohl zu Recht den Konflikt vor Ort fürchtet, klare Kriterien und gute Argumente müssen benannt werden.
Eine kluge Stellungnahme des Gremiums im pastoralen Raums AB könnte ein Zukunftszeichen senden, im besten Fall für den Pastoralen Raum über den Kirchturm hinaus. Ecclesia semper reformanda, frei übersetzt hat Kirche immer den Anspruch des fortwährenden Wandels zu erfüllen, um ihren Platz in der Welt zu finden und ihre Botschaft passend auszudrücken. Das scheint im fernen Baureferat, der Finanzkammer oder im Generalvikariat der Diözese nicht bedacht worden zu sein. Das ist jetzt Aufgabe des Pastoralen Raums Aschaffenburg, den Entwurf der Kategorisierung mit guten Kriterien zu aktualisieren.
Jürgen E. Schwab
Matthäusstr.5, Aschaffenburg